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Für Sie aktualisiert am: 20.02.2011 

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Barré tut weh!?

 

Der Barré ist ein ganz elementarer Kunstgriff auf der Gitarre. Als wandelnder Kapodaster ermöglicht er erst das künstlerische Spielen. So manches mal kann man mit ihm sogar ausgedehnte Lagenwechsel geschickt vermeiden - vorausgesetzt, die Hand spielt mit!

 

Bedrückend ...

Und genau das ist das Problem, das vielleicht auch Du kennst: Dein Daumenmuskel verkrampft, schmerzt, ermüdet - der Barré quasi als Angstgegner: “das Stück ist sooo schön, hat aber sooo viele Barrés!” So mancher Freund der Gitarre plagt sich “krampfhaft” damit herum: drücken und pressen was das Zeugs hält, bis der Finger weiß wird. Eine demotivierende, weil “bedrückende” Situation!

Barré tut weh?!

Barré tut weh?! Das muss nicht immer

so sein. Nicht Kraft alleine macht’s,

sondern vor allem die Technik!

Fingerbuilding?

“Barré braucht Kraft!” - dieser “Fehlgriff” ist leider weit verbreitet und wird noch genährt von so mancher Gitarren-Literatur und Herstellern von Trainingsgeräten für die Hand, “speziell für Musiker”. Handmuskeln und speziell Daumenmuskel aufbauen kann man da als “Tipp” lesen. Jugendliche messen sich gerne an der Größe des Bizeps - manche junge Gitarristen und Studenten vergleichen gar ihre Daumenmuskeln! Das ist aber ein Irrweg!

 

Warnung: Finger weg von Trainingsgeräten!

 

Ernsthafte, irreparable Schäden können die Folge sein: Chronische Sehnenscheiden-Entzündungen und Gelenk-
schäden wegen Überlastung!

Zudem ist das eine “einsaitige” Sache: diese Geräte trainieren nur Beugemuskeln - die Streckmuskeln bleiben außen vor! Dagegen ist auch das Training dieser Muskeln von Bedeutung, denn sie sind elementar wichtig als “Vollstrecker” schneller Läufe und Tremolos.

Training on the job!

Ein Schlagwort aus dem Wirtschaftsleben, was man früher auch häufig mit “learning by doing” umschrieb. Trainiere Kraft, Geschicklichkeit und Dehnfähigkeit direkt auf dem Griffbrett! Und jetzt die Kernaussage für den Barré: Nicht rohe Kraft macht’s! Beweglichkeit, Gefühl sowie die Physik sind Dein Freund und Helfer:

 

1. Gefühl

Taste Dich langsam an einen schwierigen Barré heran:

  • Wo klingen die Saiten nicht? Dort liegt sie nämlich in einer Hautfalte, also den Finger so
    lange in beide Richtungen hin- und herschieben, bis alle benötigten Saiten “ergriffen”
    werden und klingen.
  • Wo drückt der Schuh? Oft ist es unnötig, über den ganzen Zeigefinger hinweg “Druck
    aufzubauen”. Es genügt mal nur oben, mal nur unten zu drücken. Eben nur auf die Saiten,
    die klingen sollen. Das ist Effizienz pur!

 

2. Auf die Seite/Saite legen!

Du kannst Barrés schon wie im Schlaf? Sehr schön! Dann mach es wie nachts im Bett: leg Dich auf die Seite/Saite: den Zeigefinger mit seiner Kante auf die Saite und das

Griffb(r)ett legen. Das bündelt die Druckkraft und manche behaupten sogar, dass der Klang dann satter wäre.

 

3. Nutze die Physik

Warum mühsam abstrampeln, wenn Naturgesetze Dir hilfreich unter die Finger greifen? Lasse wie beim Judo die Schwerkraft für Dich arbeiten. Was machten schon die Ägypter beim Pyramidenbau? Sie verwendeten Hebel und stemmten tonnenschwere Felsblöcke! Was macht der Panzerknacker bei Dagobert’s Tresor? Er nimmt eine Brechstange. Und der Judoka nutzt Schwung und Energie seines Gegners um ihn auszuhebeln. Nur fliegen ist schöner...

 

Genauso können Deine Finger mühelos über das Griffbrett fliegen, ohne dass Dein Spiel “kraftlos” wirken muss:

Dein Unterarm ist der Hebel, der Daumen der Hebelpunkt, der Zeigefinger die Stelle, auf die die ganze Hebelkraft wirkt. Und du musst im Gegensatz zu den Ägyptern und den Panzerknackern noch nicht einmal “alle Hebel in Bewegung setzen”, sondern wie der Judoka benutzt Du einfach bereits vorhandene Kraft, in diesem Fall die Schwerkraft: Mutter Erde zieht Deinen Arm, den Hebel, nach unten. Die dabei entstehende Hebelwirkung wirkt direkt auf Deinen Zeigefinger. Den Daumenmuskel kannst Du von nun an auf das absolut notwendige Maß reduzieren: keep on playing!

 

Sanfte Muskelübungen:

Eine sanfte Übung, die mir ein führender Münchener Handchirurg empfahl:

die Hand zur Faust ballen - die Faust langsam öffnen, dabei die Finger strecken und spreizen: 10 mal wiederholen, Pause. Anschließend wiederholen, wiederholen und noch einmal wiederholen.

 

Sanftes Training des Streckmuskels

Strecken und Beugen sind Gegenbewegungen. Wer Bauchmuskeln trainiert, muss auch die Rückenmuskeln (Antagonisten) trainieren, wer einen eindrucksvollen Bizeps möchte, sollte den Trizeps nicht vernachlässigen - sonst kommte es zu Ungleichgewichten und Einseitigkeiten, die medizinische Folgen haben.

Und so sollten auch bei einem Gitarristen Beuge- (Greifmuskel) und Streckmuskel im Einklang sein.

 

Rechte Hand

Bei Rechtshändern ist die Rechte die Zupfhand. Deren Streckmuskeln lassen sich hervorragend am Rasgueado trainieren. Die abwärts schlagende Bewegung der 4 Finger fördert und entwickelt sowohl die Streckung als auch die Unabhängigkeit eines jeden einzelnen Fingers!

 

linke Hand

Die Linke als Greifhand ist prädestiniert für die Beugemuskeln - sie verrichten hier Schwerstarbeit. Daher ist auch hier ein Ausgleich unbedingt notwendig! Anders als bei der linken Hand gibt es wenig Möglichkeiten, die Streckmuskeln beim Spielen (“on the job”) zu trainieren. Sicher, es gibt Bewegungen und Griffe, bei denen sich der Finger strecken muss (Umgreifen, von der 1. auf die 6. Saite z.B.). Aber die Bewegung ist nicht gegen einen Widerstand, wie beim Rasgueado, wo die Finger gegen die gespannten Saiten anschlagen. Daher ist damit auch kein Muskeltraining verbunden. Ich empfehle fürs erst die “sanfte Muskelübung”, siehe oben. Weitere Trainingsmöglichkeiten für die Streckmuskeln der Greifhand werde ich hier bei Gelegenheit erörtern.

 

© 2006-2009 Ulrich Mehner

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