Arrangieren auf der und für die Gitarre

Selber arrangieren für Gitarre, wer möchte das nicht können? Erstens macht es Spaß. Zweitens gibt es viele Songs, Melodien oder Filmmusiken nicht als Noten oder Tabs für Gitarre. Drittens lernt man dabei jede Menge dazu, spieltechnisch und musiktheoretisch. Und letztens, hat man ein super Erfolgserlebnis  🙂

Nur, wie funktioniert das?

Wie kann ich Melodien und Songs für Gitarre umsetzen, arrangieren, notieren?

Im Prinzip geht es darum, eine Melodie spieltechnisch und musikalisch gitarrenspezifisch umzusetzen. Eine Melodie alleine klänge doch etwas langweilig, dünn, dürftig.

Von anderen lernen

Mein Problem war: ich wollte meine Lieblingsmelodien, Songs und Lieder auf der Gitarre spielen. Noten gabs natürlich wieder keine. Für Geige, Klavier etc. gibts tausende. Für das Nischenprodukt Gitarre wenig. Also muss man selber ran. Aber wie? Wenn man doch selber noch ein Schüler ist, und in erster Linie bekannte Kompositionen vom gedruckten Papier lernt?

Meine Lehrer konnten mir nicht weiterhelfen. Sie wussten meist selber nicht, wie man Melodien für Gitarre umsetzt, sie ausschmückt und drapiert. Scha(n)de ist das! Mit meinem bisschen Wissen konnte ich mir etwas behelfen, kleine Arrangements, meist in der 1. Lage, anfertigen.

Dann lernte ich einen Schüler von Roberto Legnani kennen – es war ein begnadeter Schüler und Spieler aus einer Musikerfamilie. Und mit Roberto fand der Meisterschüler einen Meisterlehrer. Seufz … was für ein Vorrecht.

Jedenfalls hörte ich ihn spielen. Nicht nur die Klassiker von Tarrega oder Bach, Scarlatti … nein, auch Barrios. Und dann Melodien, Songs, Lieder. Es klang wie zwei Gitarren, als wenn eine die Melodie und die andere die Begleitung zupfen würde. Es war aber nur EINE Gitarre! Ich war zutiefst angetan: „Das will ich auch!“ Und klar, es folgte die Frage „wie machst Du das?“.  „Ich nehm da so die Melodie und mach da was mit Akkorden ….“ So richtig wollte auch er mir das Geheimnis vom Arrangieren für Gitarre nicht erklären. Gut, das war ja auch seine Domaine, sein Talent, sein Alleinstellungsmerkmal. Das konnte so sonst keiner von uns jungen Leuten mit Gitarrenfaible in der Gruppe.

Aber ich schaute ihm auf die Finger, fragte nach, probierte selber. Es half mir auch „das klassische Gitarrenbuch“ von Stephan Schmidt. Dort sind gitarrentypische Bearbeitungen von Volksliedern, von Chansons von Reinhard Mey und von Folkliedern. Zusammengenommen kam ich langsam so auf das Gefühl und Gespür und hinter das Geheimnis und entwickelte meine ersten Schritte im Arrangieren:

Das klassische Gitarrenbuch. Inkl. CD: Fünfzig Stücke aus fünf Jahrhunderten in Tabulatur und Noten
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Das klassische Gitarrenbuch. Inkl. CD: Fünfzig Stücke aus fünf Jahrhunderten in Tabulatur und Noten
Mein erstes Gitarrenbuch. Und dort fand ich erste Anregungen, Stücke für Gitarre zu arrangieren: Zupfmustereinbettung etc. … sehr schöner Klassiker in Noten und TAB.
Tausend Tips für die Gitarre
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Tausend Tips für die Gitarre
Hilfreich war für mich auch dieses Büchlein. Dort konnte ich Akkord-Variationen in verschiedenen Lagen nachschlagen. Denn die oktavierte oder transponierte Melodie liegt oft über mehrere Lagen auf der e1- oder h2-Saite, sodass man auch die Akkorde dorthin bringen muss, um die Melodie auszuschmücken.
Arrangieren für den Gitarristen
... tja, und seit einiger Zeit gibt es nun auch endlich ein eigenes Werk, was sich dem Thema Arrangieren für Gitarre widmet!

Melodie oktavieren …

Ein Großmeister im Arrangieren ist John Williams. Den Entertainer von Scott Joplin spielt er bravourös mit begleitender Basslinie, und einfühlsam in einer ungewöhnlichen Tonart Schindlers Liste. Hierzu hat er die Basssaiten tief herabgestimmt, E sogar auf C, siehe seine CD „John Williams plays the movies“ habe ich gekauft und möglichst viel abgehört. Dazu konnte ich auf seiner Deutschlandtournee 1996 ihm etwas auf die Finger schauen. Das motiviert und instruiert.

Übliche Noten sind meist nicht für Gitarre. Spielt man Noten aus der Klavier-, Geigen- oder Singliteratur, klingen sie so auf der Gitarre eine Oktave tiefer. Vorteil ist, dass sie sich gut in der 1. Lage spielen lassen ohne Lagenwechsel, dafür mit eingeschränkten spieltechnischen Möglichkeiten. Es hat schon (s)einen Grund, weshalb die Gitarre ein langes Griffbrett hat. Dieses will, soll, muss benutzt werden. Lagenwechsel ist daher Voraussetzung fürs künstlerische Gitarrenspiel. Oktaviert man nun die Melodie aus dem Klavier oder Songbuch, erhält man auf der Gitarre gespielt die Melodie so, wie sie wirklich klingen würde. Auf der Gitarre in höheren Lagen, aber mit vielen interessanten Spielmöglichkeiten. Ich kaufte mir das Büchlein „1000 Tipps für die Gitarre“ mit Griffvariationen aller möglichen Griffe in allen möglichen Lagen. So konnte ich die oktavierte Melodie mit Akkorden in allen Lagen verknüpfen und ausschmücken. Später nutz(t)e ich für meine Transkriptionen sehr gerne Klavierausgaben der Melodien, Songs, Stücke die ich gerne auf der Gitarre spielen wollte. Denn dort sind schon Akkorde und Bassbegleitungen enthalten. Dieses kann man nicht 1:1 für Gitarre übernehmen, da z. B. das Bassregister für Gitarre beschränkt ist und auch sich nicht alle Akkorde 1:1 übernehmen lassen. Aber Klaviernoten sind zum Umschreiben für Gitarre sehr nützlich. Natürlich kann man auch nach Gehör und Gefühl vorgehen und sich von der Musik und seiner Musikalität leiten lassen.

… oder transponieren

Nicht jede originale Tonart jedoch eignet sich für Gitarre! Tonarten mit mehr als zwei Bs sind ungeeignet zum Beispiel. Oder die E-Tonart ist freundlicher zu spielen als F-Dur. Daher muss man ggf. die Ausgangsmelodie in eine gitarrenspielfreundliche Tonart übertragen / transponieren:

Für die Entscheidung, welche Tonart nehme ich für das Stück auf der Gitarre, gibt es als Anhaltspunkte:

a) Spielfreundlichkeit: 

Kann ich das Stück einigermaßen bequem über alle Lagen spielen? Oder muss ich sehr viel auf Barrés „zurückgreifen“?  Gibt die gewählte Tonart die Möglichkeit, auch offene Akkorde und öfter mal Leersaiten? Bleibt die Melodie möglichst innerhalb der 12. Bünde? Danach wird es schon sehr schwer, nicht nur spieltechnisch, sondern auch klanglich.

b) Tonumfang

Die gewählt Tonart sollte ermöglichen, dass ich auf der Gitarre das Stück mehrstimmig spielen kann. Es braucht die Melodie, oktaviert oder transponiert auf den „Singesaiten e1 und h2“, es braucht die Mittelstimme zum Ausschmücken (Akkorde, Akkordbrechungen, Zupfmuster …) und es braucht eine Bassbegleitung. Leider ist bei der 6-saitigen Gitarre das Bassregister recht eingeschränkt. In höheren Lagen ermöglichen nur die leeren Basssaiten einen satten, tiefen, dunklen Bass. So sind hier Tonarten wie E-Dur oder A-Dur in Vorteil. Ganz gitarrentypisch können wir die Melodie nach D-Dur oder h-moll verlagern und die E-Saite auf D herunterstimmen. So können wir auch in höheren Lagen noch auf tiefe, gegriffene Basstöne zurückgreifen. Es gäbe auch die Möglichkeit, zusätzlich die A-Saite auf H zu stimmen. Hier hätten wir die Möglichkeit für wunderschöne, lyrische und malerische Tonarten, siehe z. B. das zauberhafte „Un Sueno en la Floresta“ von Augustin Barrios. Doch hier muss man sich schon recht gut auskennen mit diesen „open tunings“, diesen offenen Stimmungen. Akkorde greifen sich völlig anders und das Orientieren auf dem ganzen Griffbrett ist auch so schon in der Normalstimmung der Gitarre recht schwer.

Ein Großmeister im Arrangieren und Umstimmen ist John Williams. Den Entertainer von Scott Joplin spielt er bravourös mit durchgängig begleitender Basslinie und einfühlsam in einer sehr ungewöhnlichen Stimmung Schindlers Liste. Hierzu hat er die Basssaiten tief herabgestimmt, E sogar auf C. Kaufe seine CD „John Williams plays the movies“ und höre einmal möglichst genau hinein. Es lohnt sich.

Die Melodie ausschmücken

Hat man die Melodie gut spielbar oktaviert oder transponiert, geht es daran, sie auszuschmücken. Ich nutzte immer sehr gerne Füllnoten zwischen den Melodienoten. Siehe z. B. Asturias, dort ist das typisch. Die Melodie wird so fülliger, bekommt mehr Klang und Charakter. Oder ich bette sie gleich in ein Zupfmuster ein, das klingt dann höchst gitarrentypisch und gut gemacht wie zwei Gitarren, Melodie + Begleitung. Der Daumen spielt die Bassbegleitung dazu. Auch mit Akkordzerlegungen kann man klanglich viel machen.

Ist mir das zuviel oder aufwändig, kann die Melodie unterstützen mit Stützbässen, Stütznoten oder Stützakkorden, immer auf die rythmische Betonung des Taktes. Beim 4/4tel-Takt kann ich z. B. mit einem ganzen Akkord in die vollen gehen und bei Schlag 3 mit einem Stützbass oder einen halben Akkord oder auch nur einer Terz, Quinte, eine leichte Betonung setzen.

Die Melodie selber kann ich spieltechnisch mannigfaltig ausschmücken. Z. B. Glissandi einbauen, Vorschläge, Triller, Phrasierungen. Ich kann Teile der Melodie als Flageoletts spielen. Diese Glockentöne machen sich immer super.

Ich kann auch die Melodie in den Bass verlagern, das ist eine reizvolle Spielart. Der Daumen spielt dann die Melodie entlang des Bassregisters, meist auf den Basssaiten, hohen Töne können ggf. auch mal in den Diskant verlagert werden, auf den Bassaiten kommen sie aber prägnanter, perliger. Die Bassmelodie wird bereichert durch Akkordzerlegungen, Akkordbrechungen und Zupfmuster.

Als absoluter Tremolo-Liebhaber habe ich manche Melodien auch schon in Tremolo gespielt! Das kommt super! Es gehen jedoch nur sehr einfache gleichmäßige Melodien.

Generell kann man viel von anderen Lernen, auf Konzerten, auf YouTube, über die großen Meister Tarrega und Llobet, durch ausprobieren und studieren. Es macht sehr viel Spaß!

Wichtig ist, die Melodie zu betonen! 

Damit sie in der Klangfülle klar heraussticht und nicht untergeht. Liegt die Melodie im Diskant, spielen wir sie angelegt (apoyando), während wir Zupfmuster, Füllnoten und Füllakkorde tirando zupfen. Liegt die Melodie im Bass, spielen wir sie mit angelegtem Daumen, während wir die Begleitung frei und fließend zupfen.

Mittlerweile gibts auch Literatur

Viele Jahre später erst, als ich meinen Weg schon gefunden hatte, kam dann tatsächlich auch ein Lehrheft auf den Markt, für mich war es da schon zu spät. Aber: Gut, es war schwierig und langwierig, aber ich habe auf diesem Weg viel gelernt. Für Neulinge, die sich mit Arrangieren beschäftigen, möchte ich dennoch zu diesem Lehrwerk raten, da sie sich Zeit ersparen können. Ich wäre trotzdem froh gewesen, hätte es dieses Heft schon zu meiner Zeig gegeben ?

Arrangieren lernen

Notenpapier zum Aufzeichnen oder Notensatzpgrogramme helfen dabei, die Einfälle festzuhalten und auszuarbeiten.

Fertige Arrangements

Gut, einige Arrangements kann man für Gitarre schon kaufen. Oft war ich aber nicht zufrieden damit oder sie gefielen mir nicht. Manche habe ich dann selber angepasst. Viele der fertig zu kaufenden Arrangements für Gitarre sind älter. Heutzutage finden wir immer weniger. Der Markt für Gitarre ist ein Nischenmarkt. Urheberrechtsabgaben und Lizenzen für solche Notenveröffentlichungen lohnen sich nur für gängige Instrumente wie Geige oder Klavier. Trotzdem kann man noch immer solche Transkriptionen und Arrangements kaufen – und davon lernen!

 Beispiele für Gitarrenarrangements

Als Beispiel möchte ich hier Arrangements von mir vorstellen. Leider geht das nur bei Stücken, deren Urheberrechte schon abgelaufen sind. Bitte seid hier vorsichtig. Notenveröffentlichungen nur nach Anfrage und Erlaubnis der Rechteinhaber und Verlage!

Nun zu meinen Arrangements:

 

Bei der israelischen Melodie habe ich mich am Caprichio Arabe von Tarrega orrientiert. Das passt prima. Wie gesagt, man kann viel lernen von anderen, sich orientieren und inspirieren.

Hinweis: Notensatz in Capella.

Hier tolle Arrangements von Filmmusiken auf YouTube:

 

 

 

… oder wie wäre es mit Arrangements von QUEEN für die klassische Gitarre? Hier haben wir ausführlich darüber geschrieben.

 

Ein Kommentar auf “Arrangieren auf der und für die Gitarre”

  1. Ruth Fischer sagt:

    Viele Leute kaufen sich eine Gitarre, nehmen dann ein paar Jahre Unterricht und das wars. Nie haben sie gelernt, etwas selber für die Gitarre zu arrangieren; es fehlen die Erfolgserlebnisse und man hört ganz mit dem spielen auf; schade!

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